Es
muss 1327 gewesen sein. Dem Mainzer Kurfürsten Matthias von Buchegg
haben offensichtlich die andauernden Streitigkeiten zwischen Papst
Johannes XXII. und König Ludwig dem Bayern ziemlich zugesetzt. Dazu
kommen auch noch die leidigen Auseinandersetzungen mit den Hessischen
Landgrafen. Seit mehr als sechs Jahren hat er den Bischofsstuhl in
Mainz inne. Er, ein Schweizer Benediktinermönch, statt Balduin von
Luxemburg, dem zu jener Zeit bedeutendsten Fürsten im Reich. Er
leidet, es geht ihm nicht gut. Der kaiserliche Hofarzt Rembot weiß
Rat: „Kurz vor Sonnenuntergang und jeweils kurz danach sollte der
hohe Herr einen 'wohlgetönten' Rheingauer zum Schutz für Leib und
Seele zu sich nehmen", weiß Elmar M. Lorey in seinem Werk „Als der
Wein noch vom Arzt verschrieben wurde. Von den Freuden einer
Wiederentdeckung“ * zu berichten. Der Dämmerschoppen ist erfunden
und – von besonderer Wichtigkeit - ärztlich verordnet.
Zum
Dämmerschoppen gehört also ein Rheingauer Wein. Ohne Frage! Es
bedurfte nicht der Betonung durch den kaiserlichen Hofarzt. Schadet
aber auch nicht.
Meine
Empfehlung zum Dämmerschoppen kommt daher heute aus dem Erbacher
Weingut Heinz
Nikolai. Man
entdeckt das Weingut nicht gleich, nahezu unscheinbar schmiegt es
sich an die Bebauung an der Ecke Ring- und Franseckystraße.
Heinz Nikolai und sein Sohn
Frank sind Winzer in fünfter und sechster Generation. Gemeinsam mit
ihren Ehefrauen betreiben sie ein beachtlich großes Weingut. Alte
Rheingauer würden jetzt sagen, sie 'strunze nit'. Es macht sie so
unaufgeregt sympathisch in der lauten und allzu schnellen
Weinwelt. Und sie können
Wein!
Ich
werde ihnen nicht gerecht, da ich nur einen Wein auswähle. Aber, der
ist ein Riesling von außergewöhnlicher Güte. Dieser Wein ist
selbst im so besonderen Rheingau herausragend:
2016er
Erbacher Michelmark Riesling „Filetstück“ trocken.
Filetstück aus dem Weingut Heinz Nikolai |
Die
Bezeichnung alleine macht mich neugierig. Klar, Michelmark ist schon
eine tolle Weinlage, oberhalb von Erbach, Richtung Kiedrich. Guter
Boden, schöne, sanfte Südwestlage. Aber, 'Filetstück'? Ja,
unbedingt. Ein komplexer Wein mit
rassigen Aromen und markanter Mineralität,
der trotz seiner Fülle leicht und weich daher kommt. Für mich ein
echtes Rheingauer Filetstück! Fast
zu schade für einen Dämmerschoppen.
Zu
beziehen über das Weingut –
www.heinz-nikolai.de. Alk.
13 %, 8,50 Euro/0,75 l Flasche
*in
RheingauForum (Zeitschrift für Wein, Geschichte, Kultur), 9.
Jahrgang, Heft 1, 2000, H.1, Seite 30–36