Mittwoch, 28. Juni 2017

Eltville und Sekt

Jetzt am Wochenende ist es wieder soweit: Im Schatten der Kurfürstlichen Burg findet das Sekt- und Biedermeierfest in Eltville statt. Was für eine Tradition! Am Sebastiansturm, vor dem Haus Rose und dem Haus Vaterland, dem Hof der Grafen zu Eltz und immer mit Blick auf den Turm der Pfarrkirche - was für ein wunderbares Fest am Rheinufer vor einmaliger Kulisse! Johann Wolfgang von Goethe hat hier genächtigt. Die Gedichte Adelheid von Stolterfoth liegen einem fast der auf der Zunge. Und man erinnert sich an die Beschreibung von Thomas Mann, der von „jenen anmutigen Herrensitzen, die, an sanfte Abhänge gelehnt, den Blick über die Rheinlandschaft beherrschen“, schreibt. Daran muss der Biebricher Schriftsteller und Literaturkritiker Otto Doderer in seinem kleinen Büchlein „Der Rheingau – Zauber und Schicksal einer Landschaft“ 1958 gedacht haben, als er notierte:

Der seltsame Zauber des Rheingaus liegt wohl gerade darin, daß hier das Vergangene so organisch in die Gegenwart hineingewachsen ist. Nichts ist als museale Sehenswürdigkeit konserviert, alles ist ins Leben einbezogen geblieben. Das Idyllische und das Regsame sind unpathetisch miteinander verbunden unter der Patina des Ehrwürdigen.“

Ja, da schmeckt der Sekt! Unter den Platanen sitzen, Weine und Sekte der Eltviller Winzer genießen. Ein Höhepunkt des Rheingauer Sommers. Genuss pur bieten dabei gerade zwei Eltviller Sekthäuser. Getrost darf man sie als Leuchttürme Deutscher Sektkunst beschreiben: Die Rotkäppchen-Mumm Sektkellereien GmbH und die Sektmanufaktur Schloss VAUX AG. Sie stehen über Eltville hinaus für Deutsche und Europäische Geschichte.

Die Historie von Rotkäppchen-Mumm ist eng mit der Deutschen Einheit verknüpft. Und sie ist – wie bei Schloss VAUX, auch ein Ergebnis überwundener Deutsch-Französischer Feindschaft. Für Eltviller ist Rotkäppchen-Mumm immer noch MM – Matheus Müller. Ein echter Eltviller Bub, der 1811 im ehemaligen Hof der Freiherrn von Sohlern einen Weinhandel eröffnete. Gemeinsam mit seinem Sohn Friedrich Franz begann er eine Sektproduktion, die bis heute unter MM bekannt ist. Alleine in 2016 wurden 18,3 Millionen Flaschen MM Extra verkauft (insgesamt verkaufte das Unternehmen 2016 177,9 Millionen Flaschen Sekt). Marktführer! Die Geschichte der Mumms ist etwas verzweigter und beginnt in Solingen mit Gottlieb Mumm. Er gründete 1827 mit seinen Brüdern und weiteren Partnern das nach seinem Vater benannte Champagnerhaus P.A. Mumm & Co. in Reims. Einer seiner Neffen war Jules Mumm. Während des I. Weltkrieges mussten die Familienangehörigen, die nicht die französische Staatsbürgerschaft angenommen hatten, Reims verlassen. Die Mumms hat der Mut aber nicht verlassen. 1922 gründeten sie in Frankfurt ein neues Sekthaus. Heute noch werden in Hochheim die Weine zum Sekt vermählt. 2002 erfolgte die Übernahme gemeinsam mit MM und Jules Mumm durch die Rotkäppchen-Sektkellerei in Freyburg/Unstrut, die seit 1895 diesen Namen führte.

Die Geschichte von Schloss VAUX beginnt 1868 in Berlin. Kurze Zeit später wird das unweit von Metz gelegene Château VAUX erworben. Wenige Jahrzehnte später muss der Standort aufgegeben werden. Eltville am Rhein wird die Heimat dieser außergewöhnlichen Sektmanufaktur. Selten ist die Bezeichnung Manufaktur so treffend! Nikolaus Graf von Plettenberg ist es gelungen, dieses Sekthaus in europäische Spitzenklasse zu führen. Seine Kellermeister Joachim Renk und Maike Maria Münster arbeiten mit Weinen aus dem eigenen 7 ha großen Weingut. Hohe Handwerkskunst und traditionelle Flaschengärung lassen ganz besondere Schaumweine entstehen.

Daher meine Sektempfehlung zum Eltviller Sekt- und Biedermeierfest:
Schloss VAUX Pinot Blanc Brut 2014
Ein spannender Weißburgunder-Sekt mit wunderschönen Zitrusaromen. Ausgesprochen feinperlig, frisch, lebhaft und zugleich voller Eleganz. Ein Sekt für alle Anlässe. Die braucht es aber gar nicht, er schmeckt auch einfach so. Keine Frage, dieser Sekt veredelt den Alltag.